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Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 12. Juni 2013

“Taschenlampenanschlag“ in Nürnberg wird zu einem späteren Zeitpunkt Thema werden. Zunächst setzt das Gericht die Befragung von Carsten S. fort. Dieser verhält sich ambivalent und belastet weiterhin direkt Wohlleben und Zschäpe, indirekt aber auch die anderen Angeklagten.

Zunächst wurde nach einem späteren Beginn der Hauptverhandlung vom Vorsitzenden mitgeteilt, dass die Beiziehung von Akten aus Nürnberg und weitere Ermittlungen wegen des so genannten „Taschenlampenanschlags“ in die Wege geleitet worden seien.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

“Es ist jetzt wichtig, dass alle Verfahrensbeteiligten Kenntnis von sämtlichen Prüffällen erhalten, von denen BKA und BAW ausgingen, dass sie dem NSU zugeordnet werden können. Die Aussage von Carsten S., dass auch ein mittels einer als Taschenlampe getarnten Bombe verübter Anschlag mutmaßlich vom NSU begangen worden ist, macht mehr als zuvor eine vollständige Aktentransparenz erforderlich. Die BAW ist jetzt aufgefordert, diesbezüglich Klarheit zu verschaffen.“

Danach wurde die Vernehmung von Carsten S. durch den Vorsitzenden fortgesetzt. Es ging zunächst um die Situation der Waffenübergabe an Mundlos und Böhnhardt. Er bestätigte, dass Frau Zschäpe das Gespräch zwischen ihm und den beiden Uwes über die Schilderung eines möglichen weiteren Anschlags in Nürnberg nicht mitbekommen sollte. Er erklärte, dass er heute Morgen erfahren habe, dass in Nürnberg tatsächlich ein Anschlag passiert sei. Dass er einer Gruppe im Untergrund, die ihm beschreibt, ständig u.a. mit einer Maschinenpistole bewaffnet zu sein, eine weitere scharfe Waffe mit Schalldämpfer übergibt, habe ihn „irritiert“, aber er habe nicht weiter darüber nachgedacht. Allerdings habe er zu keinem Zeitpunkt versucht, zu verhindern, dass die von ihm gelieferte Waffe zum Einsatz kommt.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

“Carsten S. scheint ambivalent mit seinen Angaben umzugehen. Teilweise geht er detailliert auf Geschehnisse ein und berichtet so genanntes Täterwissen. Anderseits will er sich an verschiedene – nahe liegende – Dinge nicht erinnern oder negiert sie. So will er beispielsweise, auch nachdem Wohlleben lachend berichtete, die Untergetauchten hätten jemanden angeschossen, keinerlei Nachfragen gestellt haben, gleichzeitig aber die Überlegung gehabt haben, dass diese Tat mit der von ihm übergebenen Waffe begangen worden sein könnte. Ich habe den Eindruck, dass Carsten S. nur stückchenweise mit der Wahrheit rausrückt und längst nicht alle auch ihn belastenden Fakten auf den Tisch packt. Ob dies aus einer gewissen Verdrängung oder bewusst passiert, lässt sich noch nicht endgültig einschätzen. Naheliegend wäre, dass Carsten S. versucht seinen eigenen Vorsatz zur Beihilfe zum Mord herunterzuspielen.

Die Aussage von Carsten S. belastet weiterhin direkt Zschäpe und Wohlleben, aber zumindest indirekt auch die Angeklagten Holger G. und Andre E. Denn offensichtlich waren zumindest Mundlos und Böhnhardt wesentlich weniger verschwiegen, als zunächst angenommen. Sie berichteten einem faktisch für sie wenig bekannten, wesentlich jüngeren Helfer von Wohlleben ungeniert von ihrer Bewaffnung u.a. mit einer Maschinenpistole. Sie prahlten mit ihrem Status als Untergetauchte und mit einem ggf. weiteren Anschlag in Nürnberg. Andre E. und Holger G. standen in einem wesentlich engeren Verhältnis zum Trio, so dass es fern liegend wäre, anzunehmen, dass sie weniger gewusst haben als Carsten S.. Die vermeintliche Aufforderung der Uwes zum Schweigen vor Zschäpe entlastet diese im Übrigen nicht. Zahlreiche Indizien außerhalb der Aussage von Carsten S. belegen, dass Zschäpe in der Gruppe an den Taten beteiligt gewesen ist. Die Anklage wirft ihr insbesondere vor, das Leben im Untergrund legendiert und geplant zu haben, damit die Morde und Anschläge überhaupt umgesetzt werden konnten. Dass sie von der Prahlerei ihrer Mittäter vor einem faktisch Unbekannten nichts mitkriegen sollte, heißt nicht, dass sie selbst von den Taten nichts gewusst hätte."

Die Bundesanwaltschaft fragte weiter gezielt nach der politischen Haltung von Carsten S. zu seiner aktiven Zeit. Er fühlte sich als „Nationaler Sozialist“. Auch dem „historischen Nationalsozialismus“ fühlte er sich verbunden. Auch auf mehrfache gezielte Vorhalte der Bundesanwaltschaft blieb Carsten S. dabei, dass er nichts gegen Türken gehabt habe. Aufkleber wie „Bratwurst statt Döner“ fand er lustig. Die Dönerbude, die er umgeworfen hat, wäre halt eben ein geeignetes Objekt gewesen. Die Hautfarbe hätte auch „eine Rolle gespielt.“

Die Vernehumung von Carsten S. wird morgen fortgesetzt. Wir hoffen dann auch, Fragen an den Angeklagten stellen zu können.