Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle vom 17. September 2013
Verteidigung von Zschäpe stellt erneute Befangenheitsanträge
Der heutige Verhandlungstag begann damit, dass der Vorsitzende mitteilte, dass Frau Zschäpe über ihre Verteidiger am gestrigen Abend ein Befangenheitsgesuch gegen den gesamten Senat angebracht habe. Hintergrund ist, dass Rechtsanwalt Stahl als Pflichtverteidiger einen Antrag auf einen Vorschuss auf eine so genannte Pauschgebühr in Höhe von 77.000 € gestellt hatte, die ausschließlich seine Tätigkeiten für das Verfahren vor Eingang der Akten beim Gericht betrifft. Allerdings habe er nach Beschluss eines der Richter des Senats, Herrn Kuchenbauer, nur 5.000 € zugebilligt bekommen. Außerdem habe dieser Richter zur Begründung ausgeführt, dass eine erhöhte Gebühr „im Hinblick auf die tatsächlichen Probleme des Tatnachweises“ gerechtfertigt wäre. Nachdem der Vormittag benötigt wurde, um Kopien für alle Verfahrensbeteiligten herzustellen und Stellungnahmen auszutauschen, schloss sich die Verteidigung von Wohlleben dem Befangenheitsgesuch gegen den Richter Kuchenbauer an. Nach mehreren Pausen, die die Verteidigung von Frau Zschäpe zur Beratung und Vorbereitung beantragte, stellte diese ein weiteres Befangenheitsgesuch. Die Mitglieder hätten in ihren dienstlichen Erklärungen die Unwahrheit beschrieben, da sie angaben, an der Entscheidung von ihrem Kollegen Kuchenbauer nicht beteiligt gewesen zu sein. Rechtsanwalt Stahl habe jedoch anwaltlich versichert, dass dieser Richter ihm am Telefon gesagt habe, er müsse sich vor der Entscheidung erst mit seinen Kollegen beraten."
Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:
“Dass die Verteidigung von Frau Zschäpe am heutigen Verhandlungstag diese Befangenheitsgesuche anbrachte, war zumindest für die anderen Verfahrensbeteiligten eine Überraschung, auch weil der Antrag auf den Vorschuss von 77.000 € und der diesbezügliche Beschluss nicht bekannt gewesen sind. In der Sache ist richtig, dass die anwaltliche Vertretung in einem solchen Umfangsverfahren nicht ansatzweise mit den gesetzlichen Gebühren zu stemmen ist. Sie kann zu einer echten – auch existenziellen – Bedrohung für die Anwälte werden, da das Verfahren so zeitintensiv in der Vorbereitung und in der Vertretung in der Hauptverhandlung ist, dass viele andere eventuell finanziell lukrativere Mandate nicht übernommen werden können. Insofern ist der Beschluss über die Gewährung eines Vorschusses von nur 5.000 € statt 77.000 € in der Sache nicht richtig. Dabei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Vergütung endgültig erst am Ende des Verfahrens festgesetzt wird und die Entscheidung über den Vorschuss nur vorläufig ist. Gründe für die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter, an die nach dem Gesetz hohe Anforderungen gestellt werden, liegen allerdings nicht vor.“
Über die Befangenheitsgesuche wird ein anderer Senat des Oberlandesgerichtes entscheiden. Zunächst ging es um die prozessuale Frage, ob bis dahin weiterverhandelt werden kann. Nach langem Hin- und Her verkündete der Vorsitzende dann gegen 17:30 Uhr, dass die Verhandlung erst am Donnerstag fortgesetzt wird. Da den Richtern wegen des laufenden Befangenheitsgesuchs bis zu einer Entscheidung darüber nicht erlaubt ist, das Verfahren weiter zu betreiben, konnte auch eine Umänderung des Ladungsplans nicht erfolgen. Deswegen wird es auch am 18.09.2013 nicht zur ursprünglich geplanten Vernehmung von Gamze Kubasik und Elif Kubasik zum Mord an Mehmet Kubasik am 04.04.2013 kommen. Diese werden aber am 19.09.2013 als Nebenklägerinnen die Verhandlung aufmerksam verfolgen, denn dann sind – jedenfalls bislang – wichtige Zeugen zum Dortmunder Mord geladen, u.a. der Ermittlungsführer. Ihre Vernehmung wird nachgeholt werden müssen.
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