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Presseerklärung vom 14.05.2013

 

Trotz Widerstand der Verteidigung konnte zumindest die Anklage verlesen werden.

 

Der zweite Verhandlungstag verlief wiederum zäh. Allerdings hat der Senat nunmehr gestellte umfassende Anträge der Verteidigung ohne Verzögerung abgelehnt, die Vernehmung der Angeklagten zu den Personalien durchgeführt und die Generalbundesanwaltschaft konnte die Anklage verlesen.

 

Gamze Kubasik erklärt: „Ich habe die Hoffnung, dass nun, nachdem die Anklage verlesen wurde, mit der Verhandlung in der Sache begonnen wird und ich die ersten Aussagen der Angeklagten hören kann. Mir ist sehr wichtig, dass jetzt endlich angefangen wird, den Mord an meinem Vater und den vielen anderen aufzuklären.“ RA Scharmer erklärt: „Jedenfalls scheint der Senat jetzt die Sache mit der notwendigen Beschleunigung fortzuführen und der Verteidigung soweit zulässig und sinnvoll auch prozessuale Grenzen aufzuzeigen.“

 

So verlief der zweite Hauptverhandlungstag im Wesentlichen:

 

Der Tag begann, wie erwartet, erneut mit verschiedenen Anträgen. Zunächst erklärte die Verteidigung von Zschäpe, den Antrag stellen zu wollen, dass im aktuellen Saal nicht weiter verhandelt werden könne. Sie wollte unbedingt als erste das Wort erteilt bekommen. Auch die Verteidigung von Wohlleben kündige weitere Anträge an, insbesondere eine Besetzungsrüge und einen „Einstellungsantrag“. RA Bliwier beantragte, die Anträge bis nach Anklageverlesung zurück zu stellen und begründete dies ausführlich. Unter anderem erklärte er, dass sich der Eindruck ergäbe, die Verteidigung von Wohlleben wolle die Anklageverlesung verhindern oder mindestens verzögern. Mehrere Nebenklagevertreter schlossen sich dem Antrag an, unter anderem auch die Rechtsanwälte Ilius, von der Behrens und Scharmer, für die Familie Kubasik aus Dortmund. Es kam im weiteren Verlauf zu mehreren verbalen Scharmützeln, in denen RA Klempke u.a. den Antrag der Nebenklagevertreter als „Schwachsinn“ bezeichnete und die Nebenklage für eine Stimmung verantwortlich machte, die dazu geführt hätte, dass Fensterscheiben seiner Kanzlei eingeworfen worden wären..

 

Nach zwei kürzeren Pausen gab es dann einen Senatsbeschluss, dass zunächst RA Heer seinen Antrag stellen kann, da er die Frage der Öffentlichkeit der Verhandlung betreffen würde.

 

RA Heer stellte dann den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens, weil der Saal zu klein sei. Außerdem seien die Videoprojektionen nicht vollständig zu erkennen und teilweise zu spät eingestellt worden sind. Dadurch sei der Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt. Hilfsweise beantragte er Unterbrechung wegen einer vermeintlich fehlenden Akteneinsicht in die vollständigen Akkreditierungsunterlagen.

 

RA Scharmer erklärte dazu: „Der Antrag ist zulässig aber offensichtlich unbegründet. Es ist auf der anderen Seite auch notwendig, dass das Gericht nunmehr zügig mit der Hauptverhandlung fortfährt. Die Öffentlichkeit ist auch mit 51 Zuschauern und 50 akkreditierten Medienvertretern gewahrt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung auf die Verfassungsbeschwerde der türkischen Zeitung Sabbah zumindest grundsätzlich die Durchführung der Hauptverhandlung im Saal A101 nicht beanstandet. Zwar hätten auch meine Mandantin und ich einen größeren Saal gewünscht, der der Bedeutung des Verfahrens gerecht wird, allerdings ist es ihr wichtiger, dass das Verfahren nunmehr beginnen kann und die Anklage verlesen wird. Die Entscheidung über den Antrag der Verteidigung Zschäpe ist binnen angemessener Zeit während der bereits anberaumten Termine möglich. Eine weitere Unterbrechung ist nicht notwendig. Sie würde im Übrigen zu einer weiteren Belastung der Nebenklägerinnen und Nebenkläger führen. Diese haben ein nachvollziehbares Interesse an der Verlesung der Anklageschrift und der signalisierten Einlassungen verschiedener Angeklagter teilnehmen zu können. Schon nach der ersten Verlegung des Termins konnten zum neu avisierten Prozessstart nur noch 26 von ca. 70 Nebenklägerinnen und Nebenkläger teilnehmen. Nunmehr sind nach der – auch hiesiger Ansicht weiteren unnötigen Unterbrechung – noch sieben Nebenklägerinnen und Nebenkläger anwesend. Insofern ist über den Antrag ohne weitere Aufhebung von Hauptverhandlungstagen aus diesen Gründen – neben den ohnehin zwingenden Gründen des Beschleunigungsgebots in Haftsachen - ohne weitere Verzögerung zu entscheiden.“

 

Daraufhin wurde die Hauptverhandlung zunächst für knapp zwei Stunden und dann noch mehrfach unterbrochen.

 

Die Generalbundesanwaltschaft beantragte ebenfalls, alle Anträge der Verteidigung zurückzuweisen. Nach einer weiteren kurzen Pause und mehreren verbalen Scharmützeln zwischen dem Vorsitzenden Götzl und RA Heer lehnte der Senat alle Anträge der Verteidigung von Beate Zschäpe - wie erwartet - ab.

 

Danach kam es zu weiteren Auseinandersetzungen der Verteidigung von Zschäpe und dem Senat, der sich davon allerdings nicht sonderlich beeindrucken ließ. Vielmehr begann er unbeirrt mit der von der Strafprozessordnung vorgesehenen Vernehmung der Angeklagten zur Person.

 

Letztlich wurde zumindest die Anklageschrift der Generalbundesanwaltschaft verlesen und die Eröffnung des Verfahrens festgestellt. Danach erfolgten verschiedene rechtliche Hinweise des Senats. Beachtlich war die Mitteilung, dass bei einer weiteren Erhöhung der Anzahl der Nebenklägerinnen und Nebenkläger bezüglich des Anschlages in der Keupstraße eine Abtrennung dieses Verfahrens in Betracht kommt. Die Verfahrensbeteiligten sollen dazu bis zum nächsten Mal Stellung nehmen. Dieser Hinweis ist insoweit prozessualer Zündstoff, weil eine Antrennung dieses Prozessteils ggf. verhindern könnte, dass aktuell bzgl. des Anschlags in der Keupstraße weiterverhandelt werden würde. Denn der Senat könnte diesen abgetrennten Teil ggf. an eine Verhandlung der anderen Fälle hinten anstellen.

 

Die Verteidigung von Wohlleben sowie auch die Verteidigung von Zschäpe erhoben sodann jeweils eine so genannte Besetzungsrüge. Diese ist nur bis zur Vernehmung des ersten Angeklagten zur Sache möglich, wenn man etwaige Verfahrensfehler in einer späteren Revision rügen will. Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu: „Wir haben ebenfalls gründlich die Besetzung des Senats geprüft. Diese entspricht nicht nur den jeweiligen Geschäftsverteilungsplänen, sondern auch der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Besetzungsrüge ist demnach zu verwerfen und es ist weiter in der aktuellen Zusammensetzung zu verhandeln.“

 

Der Vorsitzende unterbrach danach zunächst die Verhandlung bis zum 15.05.2013 um 9:30 Uhr. Für den nächsten Verhandlungstag erwarten wir zunächst weitere Stellungnahmen zu den Besetzungsrügen und eine entsprechende Entscheidung des Senats dazu sowie ggf. weitere umfangreiche Anträge der Verteidigung. insbesondere von Wohlleben, bevor es zu ggf. ersten Erklärungen einzelner Angeklagter kommt.