NEWS
 

Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 27.11.2013

Die Mutter von Beate Zschäpe schweigt. Ihr Cousin beschreibt eine selbstbewußte Angeklagte, die mit den beiden Uwes in der Rechten Szene eine Art Elite bildete.

Die heutige Verhandlung begann mit der Aussage des Cousins von Zschäpe. Die Vernehmung gestaltete sich äußerst zäh. Auch dieser Zeuge machte viele Erinnerungslücken geltend oder füllte Beschreibungen mit Allgemeinplätzen, wie „es war normal“ oder einem eher patzigen „weiß ich doch nicht“. Zschäpe sei in der Regel von ihrer Oma aus dem Kindergarten abgeholt worden. Die Mutter habe eher eine Nebenrolle gespielt. Er habe irgendwann begonnen, ein „Lotterleben“ zu führen, hätte angefangen „zu saufen“, halt „Party und so“. Böhnhardt hatte er im Berufsvorbereitungsjahr kennengelernt. Vor der Kaufhalle hatten sie zusammen Mundlos getroffen. Er habe sozusagen den Kontakt vermittelt. Mit Mundlos gab es später Streit, weil der ihn als „Assi“ bezeichnete. „Wir waren rechtsgerichtet, auf jeden Fall.“ Sie seien zu Konzerten gefahren, hätten Spaß gehabt. Er trug Bomberjacke, Stiefel, hatte kurze Haare. Sie waren gegen den Staat, gegen Ausländer, gegen Linke, gegen alles. Mit Uwe Mundlos sei er viel in Chemnitz bei Freunden gewesen. Mundlos habe sich im Vergleich zu ihm in der rechten Szene gesteigert, sei zu Kameradschaftstreffen und auf Demos gefahren. Darauf habe er keine Lust gehabt. Mit Zschäpe habe er nicht über Politik gesprochen. Die Uwes hätten sich da mehr rein gesteigert, hätten sich abgekapselt. Mundlos habe u.a. Flugblätter verteilt und „Hetzgedichte gegen Ausländer“ verfasst. Böhnhardt sei ein Waffennarr gewesen, habe Schreckschusspistolen und eine Armbrust besessen. Die Pistole führte er immer mit und spielte damit rum. Zschäpe habe einen großen Mund gehabt, habe sich nichts aufdrängen, nichts gefallen lassen. „Sie hatte die Jungs im Griff.“

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

“Auch wenn die Aussage des Cousins von Zschäpe nur sehr zäh kam und von der Motivation geprägt war, seine Cousine als nett und freundlich darzustellen, hat er sie letztlich belastet. Aus seiner Aussage wurde deutlich, wie selbstverständlich rechtes Gedankengut damals in Teilen der Jenaer Jugend war. Nach den Angaben des Zeugen gehörte Zschäpe nicht zu der „Skinhead- und Spaßfraktion“, sondern zu der „Scheitel-Fraktion“, also den politischen Aktivisten, die sich organisiert haben. Wohin dieser Weg geführt hat, ergibt sich aus der Anklageschrift.“

Nach der Mittagspause hörten wir faktisch zwischendurch die Mutter von Beate Zschäpe. Sie erklärte, dass sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht voll umfassend Gebrauch macht. Damit ist auch ihre vorherige polizeiliche Vernehmung im Prozess nicht verwertbar. Eine richterliche Vernehmung der Mutter – die ggf. auch weiterhin verwertbar gewesen wäre – hatten BKA und die Bundesanwaltschaft im Ermittlungsverfahren nicht veranlasst.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

“Dass die Mutter von Zschäpe von ihrem Recht, die Aussage zu verweigern, Gebrauch macht, ist aus ihrer Sicht nachvollziehbar. Denn ihre Aussage hätte durchaus belastend wirken können. Nicht zu verstehen ist, warum das BKA und die Bundesanwaltschaft nicht bereits im Ermittlungsverfahren veranlasst haben, dass die Zeugin ordnungsgemäß von einem Richter vernommen wird. Nahe Verwandte dürfen schweigen. Annerose Zschäpe hatte sich allerdings 2011 umfassend bei der Polizei geäußert. Es gehört zum Standardprozedere, dass in solchen Fällen Vernehmungen zumindest richterlich wiederholt werden. Dann bleibt die Aussage, auch wenn sich die Zeugen später auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen, verwertbar. Ein einleuchtender Grund, gerade bei Frau Zschäpe ein solches Vorgehen zu unterlassen, ist nicht erkennbar.“

Am Nachmittag beschäftigte die Verfahrensbeteiligten weiterhin der wortkarge Cousin von Zschäpe. Er berichtete u.a., dass Mundlos gute Kontakte in die Chemnitzer Naziszene hatte. So habe er auch Kontakt zu Thomas S. - wie sich später herausstellte einem V-Mann - gehabt, ihm auch Briefe geschrieben, als er im Gefängnis saß. Zschäpe habe mal bei einer Schlägerei in der Disko einem der Gegner an Glas über den Kopf geschlagen, um einem der Uwes zu helfen.

Die Vernehmung des Zeugen wurde unterbrochen und wird morgen fortgesetzt werden.