Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 30.01.2014
Rassistische Vorurteile prägen auch die Ermittlungen im Fall Heilbronn.
Zunächst wurde ein Beamter des LKA Baden-Württemberg vernommen, der Ermittlungen zum Mord in Heilbronn durchgeführt hatte. Nach dem Anschlag sei ganz Heilbronn abgeriegelt worden. Es habe verschiedene Zeugenhinweise gegeben. Einer sah einen Mann mit blutverschmierten Händen, der sich am Neckarkanal wusch. Ein anderer sah einen BMW, der mit quietschenden Reifen davon fuhr und vorher zu seinem einsteigenden Mitfahrer „Dawai, Dawai“ rief.
Ferner habe es am Tatort einen DNA-Treffer einer sog. „UwP“ (Unbekannte weibliche Person) gegeben. Über 3.000 Spuren seien dazu ausgewertet worden, bis sich herausstellte, dass die Spurensicherungsträger vom Werk ab verunreinigt gewesen sind.
Außerdem seine alle Personen „des Reisegewerbes“ auf der Theresienwiese erfasst und überprüft worden. Er habe auch ermittelt, in wieviel Einsätzen Michéle Kiesewetter unterwegs war. Sie sei auch zahlreich verdeckt tätig gewesen. Es habe auch einige Einsätze „aus besonderem Anlass“ gegeben, die man nicht habe rekonstruieren können. Bedrohungen habe sie gegenüber ihren Kollegen nicht geschildert. Er selbst habe nicht ermittelt, ob und bei welchen Einsätzen Michéle Kiesewetter bei rechten Demonstrationen oder in der rechten Szene tätig war.
Der schwerstverletzte Polizeibeamte Martin A. habe später in einer „Hypnosebefragung“ geschildert, dass er im Türspiegel des PKW einen näher kommenden Mann mit dunklem Teint gesehen habe. Eine Nachstellung dieser Schilderung mit geöffneter Beifahrertür hat er nicht vorgenommen. Das erschien ihm nicht plausibel.
Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:
“Die Ergebnisse der sog. Hypnosebefragung von Martin A. waren schon damals offensichtlich nicht geeignet, eine Täteridentifizierung herbei zu führen. Trotzdem ist die Polizei dieser Aussage umfassend nachgegangen. Die Kugel, die Michéle Kiesewetter tötete, schlug am Ende in der rechts neben dem Auto liegenden Wand des Trafohäuschens ein. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass im Moment der Schussabgabe bei dem rekonstruierten Schusskanal die Beifahrertür geöffnet gewesen ist, sonst hätte die Kugel sie durchschlagen müssen. Bei geöffneter Beifahrertür hätte man jedoch im Spiegel niemanden sehen können, der sich dem Fahrzeug von hinten nährt. Eine Person mit dunklem Teint passte aber offensichtlich so gut in das Denkschema der Ermittler, dass diese Spur weiter verfolgt wurde. Es war insoweit wahrscheinlich die einzig richtige Entscheidung der Staatsanwaltschaft, dass das Phantombild aus der Vernehmung von Martin A. nicht verwendet werden sollte.“
Außerdem erklärte der Zeuge auf Nachfrage, dass Spuren verfolgt wurden, die Bezeichnungen hatten, wie etwa: „Hinweis auf verurteilte Zigeunerin“, „Hinweis auf joggenden Neger“ oder dass bei einem Vertreter einer „Roma-Sippe“ zu betonen sei, dass es sich um „einen typischen Vertreter seiner Ethnie handele, d.h. die Lüge ein wesentlicher Bestandteil seiner Sozialisation darstelle“. Er habe das dann 1:1 in seinen Bericht übernommen.
Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:
“Die rassistischen Ressentiments von ermittelnden Beamten zeigen sich auch im Fall des Mordes und versuchten Mordes in Heilbronn.“
Im Anschluss wurde die Vernehmung des BKA Beamten fortgesetzt, der den Abschlussbericht zum Mord an Michéle Kiesewetter und versuchten Mord an Martin A. verfasst hatte. Er hatte im Wesentlichen Akten ausgewertet und bewertet. Selbst hat er wenig Ermittlungen durchgeführt.
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